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Rückblick 107. Schweizer Immobiliengespräch

Die Paneldiskussion des 107. Schweizer Immobiliengesprächs (Bild: Holger Jacob)

Dass der Klimawandel stattfindet, ist unbestritten – wie gravierend die ökonomischen Schäden für Immobilienportfolios ausfallen werden, hängt jedoch stark von lokalen Prognosen und Modellen ab. Am 107. Schweizer Immobiliengespräch, das die Galledia Fachmedien zusammen mit der SVIT-Bewertungskammer ausrichtete, beleuchteten vier Experten, wie sich die Branche auf eine «heissere» Zukunft einstellen muss. Unter der Moderation von Prof. Dr. Christian Kraft wurde deutlich: Neben der Reduktion von CO₂-Emissionen (Mitigation) wird die Anpassung an unvermeidbare Klimafolgen (Adaption) zum entscheidenden Wertfaktor.

Prof. Dr. Christian Kraft (Bild: Holger Jacob)

Globale Risikomodellierung und lokale Überraschungen

Roger Baumann, COO und Head Product Development Global Real Estate bei der Zurich Insurance Group, gab Einblick in die Strategie eines globalen Asset Managers. Die Zurich verfolgt einen strukturierten Prozess, um die 25 Milliarden US-Dollar Assets under Management klimaresilient aufzustellen. Dabei werden Risiken zunächst auf Portfolioebene identifiziert und priorisiert, bevor bei besonders exponierten Objekten Massnahmen geprüft werden. Interessant für den Schweizer Markt: Während global Dürre und Hurrikans dominieren, identifizierte die Zurich im heimischen Portfolio neben Überschwemmungen vor allem Wind und Hagel als zunehmende Gefahrenherde – ein Risiko, das viele Eigentümer noch unterschätzen.

Roger Baumann (Bild: Holger Jacob)

Hitzewellen als schleichende Gefahr für den Marktwert

Jacqueline Schweizer, Partnerin bei Wüest Partner, präsentierte empirische Daten zu den Auswirkungen auf den Transaktionsmarkt. Während Naturgefahren wie Hochwasser oder Lawinen bereits heute statistisch signifikante Preisabschläge von bis zu 5 Prozent (bei Murgängen deutlich mehr) bewirken, rückt ein anderes Phänomen in den Fokus: die Hitze. Klimaszenarien prognostizieren für Städte wie Zürich eine drastische Zunahme von Tropennächten – Nächten mit durchgängig über 20 Grad. Dies ist nicht über die obligatorische Gebäudeversicherung gedeckt, da es sich um ein kontinuierliches und kein plötzliches Ereignis handelt. Schweizer warnte: «Es werden nicht die erfolgreich sein, die heute die besten Gebäude haben, sondern die, die die Daten und Modelle und Entscheidungshilfen beiziehen, um diese Unsicherheit aktiv zu managen». Die Folgekosten sowie eine sinkende Attraktivität für Mieter fliessen zunehmend in die Bewertungen ein.

Jacqueline Schweizer (Bild: Holger Jacob)

Praxisbeispiel «Baarermatte»

Wie Adaption in der Projektentwicklung konkret aussieht, zeigte David Guthörl, Leiter Nachhaltigkeit der Allreal Gruppe. Anhand des Pionierprojekts «Baarermatte» in Baar demonstrierte er visionäre Ansätze: Das Areal wird nach klimatischer Modellierung konzipiert, Bestandsbäume werden aufwendig versetzt, um sofortigen Schattenwurf zu garantieren, und Gebäude werden teils auf Stützen gestellt, um Kaltluftströme und den Wasserabfluss bei Starkregen zu ermöglichen. Guthörl plädierte dafür, Klimasimulationen (Wind, Besonnung, Hitzeinseln) bereits in den frühesten Phasen der Arealentwicklung und Wettbewerbe zu integrieren. Nur so liessen sich teure Fehlplanungen vermeiden und die Aufenthaltsqualität sichern.

David Guthörl (Bild: Holger Jacob)

Stranded Assets und die Rolle der Versicherung

Jan Eckert, CEO JLL Schweiz, schloss den Kreis mit der Kapitalmarktperspektive. Er identifizierte drei Ebenen der Betroffenheit: Die Transaktionsebene, die Portfolioebene und die Versicherbarkeit. Besonders letztere bereitet Sorgen: In einigen Märkten steigen die Prämien bereits massiv oder Deckungen werden verweigert. Ein nicht mehr versicherbares Gebäude wird illiquide – ein klassisches «Stranded Asset». Hinzu kommt der regulatorische Druck durch die EU-Taxonomie und Reporting-Standards wie IFRS S2, die Transparenz über Klimarisiken fordern.

Jan Eckert (Bild: Holger Jacob)

Fazit: Handeln trotz Unsicherheit

In der abschliessenden Diskussion waren sich die Referenten einig, dass die Schweiz dank solidarischer Gebäudeversicherungen und guter Infrastruktur privilegiert ist. In Zürich z.B. sorgt der Sihl-Entlastungsstollen für eine Minderung des Überschwemmungsrisikos. Dennoch dürfen sich Eigentümer nicht darauf ausruhen. Zentral ist insbesondere auch die Datenlage im Portfolio. «Das Sammeln und der Aufbau von Informationen sind zentral, um Risiken zu erkennen und frühzeitig gegensteuern zu können», resümierte Moderator Christian Kraft.












Der Rückblick 107. Schweizer Immobiliengespräch ist von IMMOBILIEN Business.

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